12305te Nacht

»Das Unvereinbare in ein Gedicht: Die Ordnung. Und der Riß, der sie zerbricht«, schreibt Thomas Brasch 1977, ein Jahr, nachdem er in die Bundesrepublik ausreiste. Nach Exmatrikulation und Haft wird das Enfant Terrible der DDR zum Getriebenen, der durch das Finster in seinem Schädelhaus läuft.

DNT-Schauspieler Michael Wächter hat mit den beiden Schlagzeugern Imogen Gleichauf (Frankfurt) und Dieter Schroeder (Freiburg) die Aufführung von »Was ihr wollt« in der Übersetzung von Thomas Brasch zum Anlass genommen, eine endlose Nacht zu erzählen: Vom Nicht-Schlafen-Können und Aufwachen, vom Verrücktwerden und Kunstschaffen, vom Verlieben und Verrennen: eine Nacht zwischen Heulen und Gelächter.

Durchsetzt mit Songs der Einstürzenden Neubauten dringen sie in das Gehirn eines Getriebenen und verzweifelt Suchenden ein. Ohne Harmonieinstrument und doch poetisch: Nur Stimme & Geräusch.

Auch die Neubauten haben, entgegen ihrem Image einer Baustellenlärm-Band, große Songs voller Schlichtheit und Intimität geschaffen, die das Wesen Thomas Braschs unterstützen. Blixa Bargeld, ihr Frontmann, singt: Hier gibt es keine harmlosen Worte.

<div>»Und doch leuchtete das, was die gebürtige Freiburgerin Imogen Gleichauf und ihr ehemaliger Lehrer Dieter Schroeder mit Michael Wächter im Zusammenspiel von Rhythmus und Sprache erreichen, unmittelbar ein. So – direkt, im schnellen Wechsel von zartem Besenstreichen und harten Beats, in Aufwärtslinien von fast tonlosem Kratzen und Schaben bis zu lässigem Schlegeleinsatz, unter dem vielfältigen Einsatz auch von Gegenständen, die nicht zum engeren Kreis der Perkussionsinstrumente gehören – wird der Lyrik Braschs ein klarer, scharfer, dringlicher, drängender Ton beigemischt. […] Der Schmerz und die (Todes-)Sehnsucht des Thomas Brasch sind – an diesem Abend – erstaunlich gegenwärtig.« <em>(Bettina Schulte, Badische Zeitung)</em></div>
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Der Dichter, Dramatiker und Shakespeare-Übersetzer Thomas Brasch wäre am 19. Februar 2015 siebzig Jahre alt geworden. Die Einstürzenden Neubauten spielten 2001 auf seiner Beerdigung.

Quelle: kulturkurier / Kulturclub.de