Kasimir und Karoline

von Ödön von Horváth.

KASIMIR UND KAROLINE
von Ödön von Horváth
Inmitten des ausgelassenen Jahrmarktstreibens auf dem Münchner Oktoberfest stehen zwei Menschen, denen ihre Liebe abhanden gekommen ist. Ein Zweifel hat sich in ihre Herzen gefressen. Die Ursache des Zweifels ist: Kasimir hat seine Arbeit als Chauffeur verloren. Er wurde "abgebaut". Und jetzt fragen sich die beiden, ob Kasimir damit auch an Wert eingebüßt hat. Ob er noch gut genug ist für seine Braut, die Büroangestellte Karoline. Denn sie erkennt genau, dass solch ein angeschlagener Mann in unsicheren Zeiten kein Vorteil ist. Weil jeder sehen muss, wie er durchkommt, glaubt sie, sich diese Beziehung nicht mehr leisten zu können. Und so trennen sich die beiden, ziehen allein weiter über das Oktoberfest, auf der Suche nach einem Vergnügen oder einer lohnenden Partie oder einem Rausch, der das Vergessen bringt. Karoline gerät an den Angestellten Schürzinger, der ihr viele Karussellfahrten spendiert und sich Hoffnungen auf ein Liebesabenteuer macht. Als sein bereits schwer alkoholisierter Vorgesetzter, ein Herr Rauch, auftaucht und sich an Karoline heranmacht, verzichtet Schürzinger anstandslos auf die junge Frau  in der Erwartung, dass Rauch sich erkenntlich zeigen wird. Karoline sieht die Sache nüchtern: "Das Leben ist hart und eine Frau, die wo was erreichen will, muss einen einflussreichen Mann immer bei seinem Gefühlsleben packen." Aber ihre Spritztour mit Rauch in dessen schickem Cabrio endet in einem erbärmlichen Desaster. Unterdessen umschleicht Kasimir seine verlorene Braut, ein Wolf mit wundem Herzen. Doch die beiden können sich nicht mehr erreichen und begegnen sich wie Planeten, deren Anziehungskräfte verloren gegangen sind und die nun haltlos durch das All trudeln.

Horváth fragt nach der Liebe in Zeiten der Wirtschaftskrise. Was hält Menschen zusammen, was macht ihren Wert und ihre Würde aus, wenn alles zusammenzubrechen scheint, wenn alle Beziehungen durchdrungen sind vom Prinzip der Ökonomie? Wird die Liebe verraten und verkauft, wenn Existenzangst um sich greift? Wenn es gilt, im Kampf ums Überleben zu bestehen? Zwischen Gier und Melancholie, Vergnügungssucht und Einsamkeit, Illusion und Desillusion, Gewalt und Glückverlangen stolpern Horváths seelenverwahrloste Figuren durch ein Leben, dem sie fremd und verloren gegenüberstehen.

Michael Lippold, 1970 in Regensburg geboren, absolvierte die Ausbildung zum Schauspieler an der Hochschule für Musik und Theater in Bern. Es folgten Engagements in Augsburg, Zürich, Konstanz, Nürnberg und München und Bochum. Seit 2010 arbeitet er hauptsächlich als Regisseur und inszenierte am Bochumer Schauspielhaus im Rahmen des Festivals OHNE ALLES sowie immer wieder am ROTTSTR 5 THEATER! in Bochum. Am THEATER BONN gab er mit der Uraufführung von Lothar Kittstein BÖSES MÄDCHEN seinen Einstand und inszenierte darauf als Deutschsprachige Erstaufführung TIEF IN EINEM DUNKLEN WALD von Neil LaBute.

BesetzungInszenierung: Michael Lippold
Bühne: Julia Ries
Kostüme: Katrin Wolfermann
Musik: Andreas Bittl
Licht: Helmut Bolik
Dramaturgie: Christopher Hanf

Kasimir: Falilou Seck
Karoline: Maria Munkert
Merkl Franz: Nico Link
Erna: Nora Buzalka
Schürzinger: Birger Frehse
Rauch: Stefan Preiss
Speer: Rolf Mautz
Maria: Nina Tomczak
Elli: Johanna Wieking
Der Ausrufer + Musiker: Andreas Bittl

Quelle: kulturkurier / Kulturclub.de