Peer Gynt

15. Februar 2014 in Köln

<em>Inszenierung: Joe Knipp; mit Richard Hucke, Jennifer Silke, Signe Zurmühlen</em>

Kölner Kultur - Kölnische Rundschau - 28.09.2013

Zwischen Schein und Sein

Joe Knipp inszeniert im Sachsenring Ibsens “Peer Gynt“

Von Barbro Schuchardt

Peer Gynt fängt unsichtbare Fliegen. Sind es die Flausen in seinem Kopf, der die fantastischsten Lügengeschichten gebiert? Wer ist überhaupt dieser manisch überdrehte Egozentriker, selbsternannter “Kaiser der Welt“, der sich am Ende selbst als “Zwiebel ohne Kern“ empfindet? Ein Fall für die Psychatrie? Ein Getriebener auf der Suche nach der eigene Identität?

Henrik Ibsens (18281906) großartiges dramatisches Gedicht “PeerGynt“ (1876) enthält all diese Facetten. Und Richard Hucke lässt sie als Titelheld in sämtlichen Farben funkeln. Er ist der irrlichternde Taugenichts, der faszinierende Fabulierer und Aufschneider, der Sexprotz und der Sohn, in dessen Armen die Mutter stirbt. Ein Bild, dass sich zum Schluss umkehrt, als Solveig den gealterten Geliebten im Schoß birgt wie in einer Pietà.

Joe Knipp hat für sein Theater am Sachsenring Ibsens gewaltigen Textbrocken, der auch als “Nordischer Faust“ gilt, auf zwei Stunden pralles, sinnliches Theater verdichtet. Er fächert einen fantastischen Bilderbogen mit rasant wechselnden Szenen auf, in denen Hucke, die jungen Schauspielerinnen Signe Zurmühlen und Jennifer Silke in sämtlichen anderen Rollen brillieren . Sie sind Bauernmädchen und Trolle, windige Reisende und allegorische Figuren wie “Der große Krumme“, sie hüpfen als Bunny über die Bühne und winden sich lasziv in Anitras orientalischem Reich. Und finden bei fliegendem Kostümwechsel (Ausstattung Hannelore Honnen und Nevcan Karagöz) auch immer wieder zu leisen Tönen zurück, etwa wenn Jennifer Silke sich in Peers Mutter und die verlassene Solveig verwandelt.

Knipps Inszenierung steigt nicht in die erdenschwere Tiefe nordischer Mythologie hinab und sucht nicht verkrampft nach kopflastigen psychoanalytischen Deutungen . Dieser Peer Gynt ist eher ein geistiger Bruder des Simplicissimus und des historischen Till Eulenspiegel, ein Mann auf dem schmalen Grat zwischen Schein und Sein und damit als Person zerfließend.

Dass es dabei durchaus derb und komisch zugehen kann , ergibt sich schon durch die Wahl der Übersetzung von Christian Morgenstern , dessen Blankverse mitunter an Wilhelm Busch denken lassen . Da passen auch die surrealistischen Einlagen mit Figuren, die der Welt eines Lewis Carroll ('Alice im Wunderland') entsprungen sein könnten.

Eine spannende, bewegende, kurzweilige Inszenierung mit großartigen Schauspieler-Leistungen.

Quelle: kulturkurier / Kulturclub.de

Wo ist das Event?
Theater am Sachsenring
Sachsenring 3
50677 Köln
Wann ist das Event?
Samstag, 15. Februar 2014
20:00 Uhr
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